AKTUELL ZUM 09. Juni 2020 :

 

- FORTSETZUNG DES BERICHTES VON PF. BLUMHARDT

 

(siehe unten - Teil 1 des Gesamttextes,- der insg. in 3 Teile verfasst wurde...) Ausdrücklich sei davor gewarnt, dass die dort erwähnten Schilderungen zwar den absoluten Tatsachen entsprechen, was sich durch entsprechende Angaben von Quellen auch verifizieren lässt, aber dennoch nicht ohne eine gewisse innere Stabilität gelesen werden sollten, da die darin enthaltenen Begebenheiten auf nervlich angefochtene Geschwister und sonstwie Interessierte drastische  bzw sich nervlich auswirkende Folgen nach sich ziehen können. Ein gesunder Glaube an den Auferstandenen HERRN JESUS CHRISTUS sollte in jedem Fall die Grundvoraussetzung sein!

 

Euer Hp. - Team

Unterdessen nahm das Gepolter so überhand, dass alles dadurch aufgeregt wurde. Denn es ließ sich am hellen Tage wie in der Nacht hören, oft, wenn niemand in der Stube war, da Vorbeigehende dadurch erschreckt wurden, am meisten, wenn G. drinnen war, indem es vor ihr und hinter ihr, selbst auf dem Tische, diesen gewaltsam erschütternd, in Gegenwart anderer niederprallte. Der Arzt Dr. Späth in Merklingen, der stets mit Teilnahme sie behandelte, und dem sie allein bisher manches im Vertrauen mitgeteilt hatte, blieb zweimal in der Stube über Nacht nebst andern neugierigen Personen; und was er erfuhr, übertraf seine Erwartungen. Die Sache wurde nicht nur Ortsgespräch, sondern verbreitete sich in der ganzen Umgegend, so dass selbst Reisende die Neugierde hierher trieb. Endlich entschloss ich mich, solch großes Aufsehen fürchtend, mit dem Schultheißen, Teppichfabrikant Kraushaar, einem verständigen, nüchternen und gottesfürchtigen Mann, und etlichen Gemeinderäten, zusammen 6-8 Personen, nach einer geheimen Verabredung eine nächtliche Untersuchung im Hause vorzunehmen. Wir verteilten uns je zwei in und um das Haus und kamen unerwartet gegen 10 Uhr abends. Ein junger verheirateter Mann, Mose Stanger, ein Verwandter der G., durch christliche Erkenntnis ausgezeichnet und auch sonst im besten Rufe stehend, später meine treueste Stütze, war vor uns dahin gegangen. Schon bei meinem Eintritt in die Stube kamen mir zwei gewaltige Schlagtöne aus der Kammer entgegen. In kurzer Zeit erfolgten ihrer mehrere; und Töne, Schläge, Klopfen der verschiedensten Art wurden gehört, meist in der Kammer, wo G. angekleidet auf dem Bett lag. Die andern Wächter draußen und im oberen Stock hörten alles und sammelten sich nach einiger Zeit im untern Logis, weil sie sich überzeugten, dass alles, was sie hörten, hier seinen Grund haben müsse. Der Tumult schien größer zu werden, besonders, als ich einen geistlichen Liedervers zu singen angab und einige Worte betete. In drei Stunden wurden gegen 25 Schläge auf eine gewisse Stelle in der Kammer vernommen, die so gewaltig waren, dass der Stuhl daselbst aufsprang, die Fenster klirrten und Sand von der Oberdecke niederfiel, und ferner Ortsbewohner an ein Neujahrsschießen erinnert wurden. Daneben ließen sich schwächere und stärkere Töne, oft wie ein Spiel mit den Fingern oder ein mehr oder weniger regelmäßiges Umhertüpfeln, vernehmen, und man konnte dem Ton, der unter der Bettlade hauptsächlich zu entstehen schien, mit der Hand nachfahren, ohne im geringsten etwas zu bemerken. Wir versuchten‘s mit und ohne Licht, was keine Veränderung machte, doch erfolgten die stärksten Schläge in der Kammer nur, wenn wir alle in der Stube waren, wobei aber einer unter der Türe deutlich die Stelle, worauf sie fielen, unterscheiden konnte. Es wurde alles aufs genaueste untersucht, aber ein Erklärungsgrund konnte auf keinerlei Weise gefunden werden. Endlich gegen 1 Uhr, da wir gerade in der Stube waren, rief mich G. zu sich und fragte, ob sie, wenn sie eine Gestalt sehe, sagen dürfe, wer es sei; denn sie hörte bereits ein Schlürfen. Das schlug ich ihr rund ab; aber es war mir des Untersuchens schon zu viel geworden, und ich wollte es nicht darauf ankommen lassen, dass von so vielen Personen nun auch Unerklärliches gesehen werde. Ich hieß sie daher aufstehen, hob die Untersuchung auf und sorgte dafür, dass G. alsobald in einem andern Hause Unterkunft fand. So schieden wir vom Hause. Der halbsehende Bruder aber wollte nach unserm Abschied noch manches gehört und gesehen haben. Merkwürdig aber ist, dass gerade in jener Nacht die Unruhe am gesteigertsten war. Der folgende Tag war ein Freitag, und in dem Gottesdienst dieses Tages erschien auch G. Eine halbe Stunde darauf entstand vor ihrem Hause ein ungeheurer Zusammenlauf, und ein Bote meldete mir, dass sie in einer tiefen Ohnmacht liege und dem Tode nahe sei. Ich eilte hin und fand sie ganz starr auf dem Bett liegend, die äußere Haut am Kopf und an den Armen glühend und zitternd, sonst dem Ansehen nach am Ersticken. Die Stube war gedrängt voll, und ein Arzt von einem Nachbarorte, der eben im Dorfe war, war auch hergesprungen, versuchte etliches, sie zum Leben zu bringen, ging aber bald kopfschüttelnd weg. Nach einer halben Stunde erwachte sie, und ich vernahm im Stillen von ihr, dass sie nach der Kirche in der Kammer die Gestalt des Weibes mit dem toten Kinde gesehen habe, aber alsbald bewusstlos umgefallen sei. Nachmittags wurde sodann an der Stelle, auf welche die Schläge gefallen waren, nachgegraben, indem die Bodenbretter unbefestigt über der Erde lagen. Es geschah durch vertraute Männer in meiner Gegenwart. Als Mose Stanger mit der Hand die Stelle berührte, die man vorzüglich suchte, sah man ein Flämmchen daselbst aufflackern, und Mose fuhr zurück. Beim Nachforschen fand man hier zuerst etliche Papierchen, wie die oben erwähnten, nebst Pülverchen und Geldpäckchen, endlich einen Topf, der den Boden eines andern zum Deckel hatte, und kleine Gebeinchen, unter Erde vermischt, enthielt. Die Gestalt mit dem toten Kinde hatte bereits die Sage verbreitet, sie stelle eine Kindsmörderin vor, deren totes Kind man wohl im Boden finden könne; und der Totengräber, der dabei war, wollte wirklich die Gebeine, an denen sogar noch Fleisch zu sehen war, für Kindsbeinchen erkennen. Um allem Unangenehmen vorzubeugen, packte ich alsbald das Gefundene zusammen und fuhr damit in Begleitung des Schultheißen zum Oberamtsarzt, Herrn Dr. Kaiser, nach Calw, dem wir alles offen erzählten, der aber nach einiger Zeit die Gebeine für Vogelbeine erklärte So deutete alles bisher Gefundene darauf hin, dass hier einmal eine gewisse Schwarzkunst müsse wenigstens versucht worden sein, über welche jetzt Verstorbene in Unruhe waren. Denn gerade Vögel, wie ich nun vernahm, und besonders Raben, werden häufig vom Volke zu heimlichen Künsten auf abergläubische Weise benützt. Es lag mir nun vor allem daran, alles Aufsehen für immer zu unterdrücken. Ich verschaffte der G. einen Ort bei einer Base von ihr, später bei ihrem Vetter, dem Vater des Mose, dem Gemeinderat Johann Georg Stanger, der zugleich ihr Taufpate ist und eine zahlreiche Familie hat (es waren damals vier erwachsene Töchter und zwei Söhne zu Hause), deren sämtliche Glieder christlich gesinnt sind und jetzt sehr teilnehmend waren, daneben auch die strengste Verschwiegenheit beobachteten. Zugleich begehrte ich von ihr, bis auf weiteres möglichst ihr eigenes Haus nicht zu betreten, in das sie auch wirklich erst in der Mitte des folgenden Jahres wieder einzog. Von der Sache durfte kein besonderes Wesen mehr gemacht werden, und ich nahm mir vor, ganz im stillen mit dem Schultheißen und einigen andern verständigen Männern bisweilen Besuche bei ihr zu machen, um zuzusehen, was es werden wolle. Besonderes Grauen hatte ich vor Erscheinungen des Somnambulismus, die so häufig ärgerliches Aufsehen erregen und so wenig Gutes bisher geschafft haben; und da immerhin ein geheimnisvolles und gefährliches Feld sich hier eröffnete, so konnte ich nicht umhin, in meinen einsamen Gebeten die Sache dem Herrn zu befehlen, ihn bittend, doch ja vor allen Torheiten und Verirrungen, in welche man verwickelt zu werden versucht sein könnte, mich und andere zu bewahren. Als sich die Sache ernstlicher entwickelte, hielt ich besondere Gebete und Besprechungen auf meinem Zimmer mit dem Schultheißen und Mose; und ich kann wohl sagen, dass hierdurch ein nüchterner Sinn unter uns erhalten wurde, der allein ein glückliches Ende uns versprechen konnte. Es vergingen indes mehrere Wochen, ehe das Geschrei in der Umgegend sich verlor; und viele Fremde kamen, das Haus zu besuchen. Manche wollten auch darin übernachten, um sich von der Wahrheit des in Umlauf Gekommenen zu überzeugen. Allein das Haus wurde sorgfältig verwahrt, was um so leichter geschehen konnte, da der Dorfschütze gegenüber wohnte; und Anfragen bei mir, wie einmal von drei katholischen Geistlichen der badischen Nachbarschaft, die etliche Stunden der Nacht in der Stube zubringen wollten, wies ich aufs entschiedenste zurück. Allmählich wurde es stiller; und alles Nachfolgende ist außer Kenntnis der Gemeinde geblieben, die zwar immer merkte, dass es noch nicht richtig sei, hie und da, doch nur selten – denn die Leute fürchteten sich –, etliche Brocken vor dem Hause auflauerte, auch mich bisweilen sehr bemitleidete, im ganzen aber bis auf den heutigen Tag nichts Gewisses und Zusammenhängendes weiß. Das Gepolter in dem Hause hörte erst zu Anfang dieses Jahres (1844) ganz auf und war namentlich an den monatlichen Buß- und Bettagen unserer Kirche besonders heftig. Auch wurden stets verschiedene Gestalten wahrgenommen, wie auch an der Wand hinschleichende Lichtlein, was ich dahingestellt sein lasse, da ich selbst niemals etwas gesehen habe. Oben erwähnte Untersuchung fand am 3. Juni 1842 statt. Bald hörte ich, dass das Gepolter um die G. auch in dem andern Hause, das sie bewohnte, fortdaure, und dass sie gewöhnlich, so oft man etwas hörte, bald darauf in heftige Konvulsionen verfalle, die immer stärker und andauernder würden, so dass sie öfters kaum 5 Minuten dazwischen hinein frei wäre...

Ich besuchte sie als Seelsorger, wobei sie erklärte, es schwebe etwas vor ihren Augen her, das sie starr mache; und wenn ich mit ihr betete, wurde sie bewusstlos und sank aufs Bett zurück. Einmal sah ich sie in den Krämpfen, da eben der Arzt anwesend war. Ihr ganzer Leib zitterte, und jeder Muskel am Kopfe und an den Armen war in glühender Bewegung, wiewohl sonst starr und steif. Dabei floss häufig Schaum aus dem Mund. So lag sie schon mehrere Stunden da, und der Arzt, der nichts Ähnliches je erfahren hatte, schien ratlos zu sein. Doch erwachte sie plötzlich, konnte sich aufrichten, Wasser trinken; und kaum mochte man es glauben, dass sie die nämliche Person wäre. So ging es noch einige Tage fort. An einem Sonntagabend kam ich wieder zu ihr, als mehrere Freundinnen anwesend waren, und sah schweigend den schrecklichen Konvulsionen zu. Ich setzte mich etwas entfernt nieder. Sie verdrehte die Arme, beugte den Kopf seitwärts und krümmte den Leib hoch empor, und Schaum floss abermals aus dem Munde. Mir war es klar geworden, dass etwas Dämonisches hier im Spiele sei, nach den bisherigen Vorgängen; und ich empfand es schmerzlich, dass in einer so schauderhaften Sache so gar kein Mittel und Rat solle zu finden sein. Unter diesen Gedanken erfasste mich eine Art Ingrimm; ich sprang vor, ergriff ihre starren Hände, zog ihre Finger gewaltsam wie zum Beten, zusammen, rief ihr in ihrem bewusstlosen Zustande ihren Namen laut ins Ohr und sagte: „Lege die Hände zusammen und bete: ‚Herr Jesu, hilf mir!‘ Wir haben lange genug gesehen, was der Teufel tut; nun wollen wir auch sehen, was Jesus vermag.“ Nach wenigen Augenblicken erwachte sie, sprach die betenden Worte nach, und alle Krämpfe hörten auf, zu großem Erstaunen der Anwesenden. Dies war der entscheidende Zeitpunkt, der mich mit unwiderstehlicher Gewalt in die Tätigkeit für die Sache hineinwarf. Ich hatte vorher auch nicht den geringsten Gedanken daran gehabt; und auch jetzt leitete mich ein unmittelbarer Drang, von dem ich den Eindruck noch so stark habe, dass eben er später oft meine einzige Beruhigung war, weil er mich überzeugte, dass ich nicht aus eigener Wahl und Vermessenheit eine Sache unternommen hätte, deren schauerliche Entwicklung ich mir damals unmöglich hätte vergegenwärtigen können. Nachdem sie wieder bei sich war, sprach ich ihr Mut zu, betete noch etliche Worte und hinterließ beim Weggehen, dass man mich rufen solle, wenn die Krämpfe wiederkehrten. Nachts 10 Uhr desselben Tags kam eiligst ein Bote und sagte, sie habe einen ruhigen Abend gehabt, bis eben jetzt, da die Krämpfe stärker als je sie befallen hätten. Als ich zu ihr kam, schien die Wärterin in Ohnmacht fallen zu wollen, da der Anblick über die Maßen schauerlich war. Ich versuchte alsbald obiges Verfahren, und der Erfolg war in wenigen Augenblicken derselbe. Während ich indessen verzog, fiel sie plötzlich wieder rückwärts aufs Bett. Sogleich ließ ich sie die Worte ausrufen: „Herr Jesu, hilf mir“ obwohl sie dieselben kaum herausbrachte; und so kam sie wieder zu sich, ohne dass die Krämpfe ausbrachen. Allein mit jedem Augenblicke wollte sich‘s wiederholen; und so dauerte es gegen 3 Stunden fort, bis sie ausrief: „Jetzt ist mir‘s ganz wohl!“ Sie hatte nun die übrige Nacht und den ganzen folgenden Tag Ruhe, bis wieder gegen 9 Uhr abends die Anfälle sich wiederholten. Ich verweilte abermals, diesmal, wie später fast immer, mit dem Schultheißen und Mose Stanger etliche Stunden bei ihr, wobei bereits sich zu erkennen gab, dass sich etwas Feindseliges aus ihr gegen mich richtete. Sie bekam grell geöffnete Augen, eine grässliche Miene, die nichts als Zorn und Wut aussprach, ballte die Hände und machte gegen mich drohende Bewegungen. Sie hielt dann wieder die offenen Hände mir dicht vor die Augen, als wollte sie mir rasch beide Augen ausreißen. Ich blieb bei alle dem fest und unbeweglich, betete in kurzen Worten meist nach biblischen Stellen und achtete keine Drohungen, die auch so erfolglos waren, dass sie niemals, auch wenn sie noch so drohend auf mich zufuhr, mich auch nur berührte. Am Ende ging alles damit vorüber, dass sie zu wiederholten Malen mit großer Gewalt die Arme auf das Bett niederschlug, wobei es das Ansehen hatte, als ob eine geistige Macht durch die Fingerspitzen ausströmte. Sie wollte noch nachher allerlei Gestalten vor sich sehen, die sich erst nach und nach verloren. So ging es noch etliche Male zu, mit Unterbrechungen von einem bis drei Tagen; und am Ende ließ diese Art von Konvulsionen ganz nach. Schon wollte ich gute Hoffnungen fassen, als ich vernahm, man höre wieder ein Klöpfeln wie mit Fingern um die G. her; und dann bekomme sie plötzlich einen Schlag auf die Brust und sinke zurück, auch sehe sie dieselbe weibliche Gestalt, die sie in ihrem eigenen Logis gesehen hatte. Ihren Aussagen nach war das eine (keinerlei Verwandte, außer zwei, nun auch verstorbenen Schwestern, zurücklassend) zwei Jahre vorher verstorbene Witwe, die auf ihrem Totenbette heftige Gewissensbisse bekommen, schwere Sünden mir bekannt und nur wenig Ruhe vor dem Tode gefunden hatte. Als ich mit meinen gewöhnlichen Begleitern (denn ohne bestimmte Augen- und Ohrenzeugen wollte ich niemals dort sein) hinkam, hörte ich wirklich bald die unheimlichen Töne. Sie selbst lag im Bett, war bei sich und fühlte keine Beschwerden. Plötzlich war‘s, als führe es in sie, und ihr ganzer Leib geriet in Bewegung. Ich sprach sodann einige Worte als Gebet und erwähnte dabei des Namens Jesu. Sogleich rollte sie die Augen, schlug die Hände auseinander, und eine Stimme ließ sich hören, die man augenblicklich für eine fremde erkennen musste, nicht sowohl wegen des Klanges, als wegen des Ausdrucks und der Haltung der Rede: Es rief: „Den Namen kann ich nicht hören!“ Alle schauderten zusammen. Ich hatte noch nie etwas der Art gehört und wandte mich in der Stille zu Gott, er möge mir Weisheit und Vorsicht schenken und namentlich vor unzeitiger Neugier mich bewahren. Endlich wagte ich etliche Fragen, mit dem bestimmten Vorsatz, mich nur auf das Notwendigste zu beschränken, und auf meine Empfindung zu merken, wenn es etwa zuviel wäre, zunächst mit Bezug auf jenes Weib, etwa so: „Hast du denn keine Ruhe im Grab?“ – „Nein.“ – „Warum nicht?“ – „Das ist meiner Taten Lohn.“ – „Hast du denn“, fuhr ich fort, nur still voraussetzend, dass es jene Person sei, „mir nicht alle Sünden gestanden?“ – „Nein, ich habe zwei Kinder gemordet und im Acker begraben.“ – „Weißt du denn jetzt keine Hilfe mehr? Kannst du nicht beten?“ – „Beten kann ich nicht.“ – „Kennst du denn Jesum nicht, der Sünden vergibt?“ – „Den Namen kann ich nicht hören.“ – „Bist du allein?“ – „Nein!“ – „Wer ist denn bei dir?“ Die Stimme antwortete zögernd, zuletzt rasch herausfahrend: „Der Allerärgste.“ So ging das Gespräch noch eine Weile fort, und die Redende klagte sich auch der Zauberei an, um deren willen sie des Teufels Gebundene sei. Schon siebenmal, sagte sie, sei sie ausgefahren, jetzt gehe sie nicht mehr. Ich fragte sie, ob ich für sie beten dürfe, was sie erst nach einigem Bedenken gestattete, und gab ihr endlich zu verstehen, dass sie im Leibe der G. nicht bleiben könne und dürfe. Sie schien wehmütig zu flehen, dann wieder trotzig zu werden; ich aber gebot ihr mit ernster Stimme, auszufahren, jedoch nicht im Namen Jesu, was ich lange nicht wagte, worauf sich schnell die Szene änderte, indem G. die Hände stark aufs Bett niederschlug, womit die Besitzung vorüber zu sein schien. Etliche Tage später wiederholte sich die scheinbare Besitzung, wiewohl ich mich jetzt in kein Gespräch mehr einließ. Bald war es, als führen auf die bezeichnete Weise 3, dann 7, endlich 14 Dämonen aus, wobei jedesmal das Gesicht der Person sich veränderte und eine neue drohende Miene gegen mich annahm. Auch mancherlei Drohworte wurden gegen mich ausgesprochen, die ich nicht beachtete; und die Anwesenden, selbst der Schultheiß, bekamen manche Stöße und Faustschläge, die aber nie gegen mich gewagt wurden, indem die Dämonen ausdrücklich bemerkten, dass sie mir als dem Pfarrer nichts tun dürften, so gerne sie wollten. Hie und da raufte sie sich die Haare, zerschlug sich die Brust, warf den Kopf an die Wand und suchte auf allerlei Weise sich zu verletzen. Jedoch mit einfachen Worten konnte ich jeder Bewegung gebieten, bis sie zuletzt ruhig blieb, worauf auch dem Befehl des Ausfahrens Folge geleistet wurde. Indessen war es, als ob die Szenen sich immer schrecklicher machten, und als ob mein Einwirken die Sache nur verschlimmerte. Was ich im Geist und Gemüt damals ausgestanden habe, lässt sich mit keinen Worten beschreiben. Mein Drang, der Sache ein Ende zu machen, wurde immer größer, und obwohl ich jedesmal befriedigt scheiden konnte, sofern ich fühlte, dass die dämonische Macht sich fügen müsse, und sofern die Person jedesmal vollkommen recht war, so schien die finstere Macht sich doch immer wieder zu verstärken und mich zuletzt in ein großes Labyrinth verstricken zu wollen, mir und meiner amtlichen Wirksamkeit zum Schaden und Verderben. Alle Freunde rieten mir, zurückzutreten. Aber ich musste mit Schrecken daran denken, was aus der Person werden könnte, wenn ich meine Hand von ihr abzöge, und wie sehr ich vor jedermann, wenn es übel ginge, als der Ursächer dastehen müsste. Ich fühlte mich in einem Netze, aus dem ich mich ohne Gefahr für mich und andere unmöglich durch bloßes Abtreten herauswinden konnte. Zudem schämte ich mich vor mir selbst und meinem Heilande, zu dem ich so viel betete, und dem ich so viel vertraute, und der mir drunter hinein so viel Beweise seiner Hilfe gab – ich gestehe es offen –, dem Teufel nachzugeben. Wer ist der Herr? musste ich mich oft fragen, und mit Vertrauen auf den, der Herr ist, hieß es in mir immer wieder: Vorwärts! Es muss zu einem guten Ziele führen, wenn es auch in die tiefste Tiefe hinuntergeht, es sei denn, dass es nicht wahr wäre, dass Jesus der Schlange den Kopf zertreten habe. Nach jenen 14 Dämonen steigerte sich die Zahl schnell zu 175, dann zu 425. Eine nähere Beschreibung von den einzelnen Auftritten kann ich nicht mehr geben, da alles zu schnell und zu mannigfaltig aufeinander folgte, als dass ich Einzelheiten sicher im Gedächtnis behalten konnte. Nach dem letzten dieser Kämpfe trat auf etliche Tage Ruhe ein. Doch drängten sich des Nachts viele Gestalten um das Bett der Person, nach ihrer Aussage; und auch ihre Wärterin wollte um jene Zeit etliche Gestalten erblickt haben. Auch geschah es, dass sie sich in einer Nacht im Schlafe plötzlich von einer brennenden Hand am Hals gefasst fühlte, welche alsbald große Brandwunden zurückließ. Bis die Wärterin (ihre Tante), die im gleichen Zimmer schlief, das Licht anzündete, waren bereits gefüllte Blasen um den ganzen Hals her aufgefahren; und der Arzt, der am folgenden Morgen kam, konnte sich nicht genug darüber verwundern. Der Hals wurde erst nach mehreren Wochen wieder heil. Auch sonst bekam sie bei Tag und bei Nacht Stöße an die Seite oder auf den Kopf, oder fasste es sie an den Füßen, dass sie plötzlich, entweder auf der Straße, oder auf der Treppe, oder wo es war, niederstürzte, wovon sie Beulen und andere Schäden davontrug. Die schwerste Nacht hatte ich vor dem 25. Juli 1842. Ich kämpfte von abends 8 Uhr bis morgens 4 Uhr, ohne befriedigt fertig zu sein, wie sonst noch nie. Ich musste sie verlassen, weil ich eine Fahrt zum Kinderfest nach Korntal bestellt hatte. Als ich spät abends wieder zurückkam, hieß es, sie sei in völligem Delirium und nun als fast ganz wahnsinnig zu betrachten. Wer sie sah, jammerte; sie zerschlug sich die Brust, raufte sich die Haare aus, krümmte sich wie ein Wurm und schien eine völlig verlorene Person zu sein. Ich besuchte sie erst am folgenden Tag, morgens 8 Uhr, nachdem ich in der Reihe meiner täglichen Bibellektionen die merkwürdigen Worte im Buch Jesus Sirach (Kap. 2) nicht ohne Tränen und mit fast gebrochenem Herzen gelesen hatte: „Mein Kind, willst du Gottes Diener sein, so schicke dich zur Anfechtung. Halte fest und leide dich und wanke nicht, wenn man dich davon locket. Halte dich an Gott und weiche nicht, auf dass du immer stärker werdest. Alles, was dir widerfährt, das leide, und sei geduldig in aller Trübsal. Denn gleich wie das Gold durchs Feuer, also werden die, so Gott gefallen, durchs Feuer der Trübsal bewähret. Vertraue Gott, so wird er dir aushelfen; richte deine Wege, und hoffe auf Ihn. Die, so ihr den Herrn fürchtet, hoffet das Beste von Ihm, so wird euch Gnade und Trost allezeit widerfahren. Die, so ihr den Herrn fürchtet, harret seiner Gnade, und weichet nicht, auf dass ihr nicht zu Grunde gehet.“ Mit diesen Worten gestärkt, kam ich zur Leidenden. Bis gegen 11 Uhr schien wieder alles gut zu stehen. Allein des Nachmittags musste ich wiederkehren; und jetzt ging es fort bis abends 7 Uhr, jedoch so, dass auf einmal das Ausfahren der Dämonen durch den Mund anfing. Eine Viertelstunde lag sie wie tot da. Ich hatte alle Glaubenskraft zusammenzuraffen, bis sie wieder atmete, während ich von der Straße herauf die Leute einander zurufen hörte: „Jetzt ist sie gestorben!“ Nach manchen heftigen Zuckungen des Oberleibs öffnete sie jetzt weit den Mund, und es war, als spucke sie einen Dämon um den andern heraus. Es ging immer partienweise, je 14 oder je 28, oder je 12, und so schien es bis in die Tausende zu gehen, ohne ein Wort von meiner Seite, auch ohne dass ein Wort von den Dämonen gesprochen worden wäre, außer dass diese, wenn wieder eine neue Partei kam, zornige Blicke umherwarfen. Endlich hörte es auf; und jetzt schien eine bedeutende Epoche gekommen zu sein. Mehrere Wochen kam so gut wie nichts vor; und G. konnte wandeln, wo sie hin wollte. Ich freute mich in dieser Zeit. Aber nie geahnt hätte ich, was nun weiter erfolgte. Nach einer Ruhezeit kam die Kranke blass und entstellt zu mir, mir etwas zu klagen, was sie bisher aus Schüchternheit vor mir zurückgehalten habe, nun aber nicht länger verschweigen könne. Sie zögerte noch eine Weile, und ich wurde ängstlich gespannt, bis sie endlich anfing zu erzählen, dass sie schon vor 2 Jahren jeden Mittwoch und Freitag von geisterähnlichen Gestalten bis zu schmerzlichen und starken Blutungen gequält worden sei. Gewöhnlich hätte die Plage 3 Stunden lang fortgedauert, und sie habe unerhörte Schmerzen dabei ausgestanden. Dem Arzt habe sie von den Blutungen gesagt; und der habe allerlei ärztliche Mittel angewendet, ohne etwas zur Heilung zustande bringen zu können. Diese Plage habe mit dem Tage aufgehört, da ich zum ersten Male mich ernstlich ihrer angenommen hätte; aber seit den letzten Kampftagen (25. und 26. Juli 1842) habe sie wieder angefangen. An den genannten Tagen müsse sie sich immer mit Schrecken zu Bett legen, und wenn die Plage an sie komme, könne sie nur noch ächzen, außerstande, sich auch nur im geringsten zu bewegen. Wenn diese Plage nicht aufhöre, so müsse es ihr Tod sein. Es war auch deutlich zu sehen, dass sie damals mit jedem Tage abgezehrter wurde. Diese Sache erschreckte mich natürlich sehr; denn dergleichen hatte ich noch nicht gehört, als höchstens in Vampir-Märchen, die je und je von  phantasiereichen Dichtern auf eine schauerlich abenteuer-liche Weise erzählt worden sind. Später hörte ich freilich auch von allerlei Sagen, die unter dem Volke im Gange sind, wie namentlich, dass bisweilen Kinder solchen Plagen ausgesetzt seien, die man den sog. bösen Leuten, d. h. Hexen, zuschreibt. Vor der Hand brauchte ich ordentlich Zeit dazu, mich zu sammeln und zu der traurigen Überzeugung zu kommen, dass die Finsternis so viele Macht über die Menschen solle bekommen haben. Mein nächster Gedanke war: „Jetzt bist du fertig, jetzt geht‘s in die Zauberei und Hexerei hinein; und was willst du gegen diese machen?“ Wenn ich aber das jammernde Mädchen ansah, so schauerte mich‘s vor der Möglichkeit der Existenz jener Finsternis und vor der Unmöglichkeit der Hilfe. Es fiel mir ein, dass es Leute gebe, denen man geheimnisvolle Künste zur Abwehr von allerlei dämonischen Übeln zuschrieb, und sympathetische Mittel, welchen immer Hohe und Niedere huldigen. Sollte ich etwa nach dergleichen Dingen mich umsehen? Ich gab lange Zeit ihren Reden kein Gehör und kam oft in großes Gedränge, wenn ich den schmerzvollen Ausdruck im Gesicht, die flehentlich emporgehobenen Hände und den heftigen Tränenstrom, der aus den Augen floss, sah, und dabei Töne und Seufzer der Angst, Verzweiflung und Bitte hörte, die einen Stein hätten erweichen sollen. So sehr ich daher mich sträubte, auf irgendeine Erlösungsmanier einzugehen, weil ich bei allem, was vorkam, immer zuerst an einen etwaigen gefährlichen und verderblichen Betrug des Teufels dachte und für die Nüchternheit meines evangelischen Glaubens fürchtete, so konnte ich doch zuletzt nicht umhin, eine Probe zu machen, besonders, da gerade diese Dämonen, die einige Hoffnung für sich zu haben schienen, weder durch Drohungen, noch durch Anmahnungen sich zum Weichen bringen ließen. Der erste Dämon, bei welchem ich es, soviel ich mich erinnere, wagte, war jenes Weib, durch welches die ganze Sache angeregt schien. Sie zeigte sich wieder in der G. und rief fest und entschieden, sie wollte des Heilands und nicht des Teufels sein. Dann sagte sie, wie viel durch die bisherigen Kämpfe in der Geisterwelt verändert worden sei. Mein Glück aber sei das gewesen, dass ich ganz allein beim Worte Gottes und dem Gebet geblieben sei. Wenn ich etwas anderes als das versucht und etwa zu geheimnisvoll wirkenden Mitteln meine Zuflucht genommen hätte, wie sie vielseitig unter den Leuten üblich seien, und auf welche es die Dämonen bei mir angelegt hätten, so wäre ich verloren gewesen. Das sagte sie mit bedeutungsvoll aufgehobenem Finger und mit den Worten schließend: „Das war ein fürchterlicher Kampf, den Sie unternommen haben!“ Dann flehte sie dringend, ich möchte für sie beten, dass sie vollends ganz aus des Teufels Gewalt befreit werde, in die sie fast unwissend durch getriebene Abgötterei, Sympathie und Zauberei gefallen sei, und dass sie irgendwo einen Ruheort erhalte. Ich hatte das Weib im Leben gut gekannt, und sie zeigte damals eine Begierde zum Worte Gottes und nach Trost, wie ich sonst nicht leicht wahrgenommen hatte, wie denn auch kaum eine Woche verging, da sie nicht zwei- bis dreimal in mein Haus kam und mich besuchte. Namentlich hatte sie von mir das Lied: „Ruhe ist das beste Gut“ sehnlich begehrt. Nun wollte mir doch das Herz um sie brechen; und mit innerlichem Aufblick zu dem Herrn fragte ich sie: „Wo willst Du denn hin?“` – „Ich möchte in Ihrem Hause bleiben“, antwortete sie. – Ich erschrak und sagte: „Das kann unmöglich sein.“ – „Darf ich nicht in die Kirche gehen?“ fuhr sie fort. Ich besann mich und sagte: „Wenn Du mir‘s versprichst, dass Du niemanden stören und nie Dich sichtbar machen willst, unter der Voraussetzung, dass es Jesus Dir erlaubt, habe ich nichts dagegen.“ Es war ein Wagnis von mir, doch vertraute ich dem Herrn, er werde alles recht machen, da ich mich vor ihm keiner Vermessenheit schuldig fühlte. Sie gab sich zufrieden, nannte noch den äußersten Winkel, dahin sie sich begeben wolle, und fuhr sodann freiwillig und leicht aus nach dem Anschein. Von alledem wurde der Kranken nichts gesagt; und doch sah sie das Weib zu ihrem großen Schrecken an der bezeichneten Stelle in der Kirche. Außer ihr aber gewahrte niemand etwas davon, und in der Folge hörte die Erscheinung ganz auf, wie überhaupt durch die nachfolgenden Kämpfe sich alles immer wieder veränderte. Auf gleiche Weise suchten auch andere Geister, die durch Abgötterei und Zauberei noch Gebundene des Teufels zu sein vorgaben, während sie sonst Liebe zum Heiland hätten, Befreiung und Sicherheit. Nur mit äußerster Behutsamkeit und angelegentlichen Bitten zu dem Herrn ließ ich mich in das Unabweisbare ein. Mein Hauptwort war immer: „Wenn Jesus es erlaubt!“ Es zeigte sich auch, dass eine göttliche Leitung darunter waltete. Denn nicht alle erlangten, was sie baten, und manche mussten, auf die freie Barmherzigkeit Gottes sich verlassend, fortgehen. Ich möchte diesen subtilen Punkt nicht weiter ausführen und bemerke nur, dass keinerlei Unruhe vorgekommen ist, während die Kranke stets wieder erleichtert wurde. Solche Geister, denen ein vorübergehender Ruheort gegeben wird, dürfen auch mit den eigentlichen Spukgeistern nicht verwechselt werden. Die letzten erscheinen immer als unter dem Gerichte und unter der Gewalt des Satans, von welcher jene befreit waren. Manche Bemerkungen, die ich nach den gemachten Erfahrungen mitteilen könnte, halte ich um so lieber zurück, da sie nur Anstoß erregen könnten, während sie sonst, als nicht in der Bibel begründet, keine weitere Aufmerksamkeit verdienen. Nur einen sehr interessanten Fall kann ich nicht übergehen. Einer der Geister bat gleichfalls darum, in die Kirche gelassen zu werden. Ich sagte mein gewöhnliches „Wenn es Jesus erlaubt!“ – Nach einer Weile brach er in ein verzweifeltes Weinen aus und rief oder hörte rufen: „Gott ist ein Richter der Witwen und Waisen!“ mit dem Bemerken, es werde ihm nicht gestattet, in die Kirche zu gehen. Ich sagte: „Du siehst, dass der Herr es ist, der Dir den Weg zeigt, und dass es also nicht auf mich ankommt. Geh hin, wo der Herr Dich hingehen heißt!“ – Dann fuhr er fort: „Dürfte ich nicht in Ihr Haus gehen?“ Diese Bitte überraschte mich; und an Frau und Kinder denkend, wollte ich nicht geneigt sein, zu willfahren. Allein ich bedachte mich, ob es nicht eine Versuchung für mich sein soll, zu zeigen, dass ich mir alle Aufopferung gefallen lassen könne, und sagte daher endlich: „Nun denn, wenn Du niemand beunruhigst, und Jesus es Dir erlaubt, so mag es geschehen.“ – Plötzlich hörte ich wieder etwas, wie von höherer Stimme, aus dem Munde der Kranken, das rief: „Nicht unter Dach! Gott ist ein Richter der Witwen und Waisen!“ Der Geist fing wieder nach dem Ansehen an zu weinen und bat, wenigstens in meinen Garten gehen zu dürfen, was ihm jetzt gestattet zu werden schien. Es war, als ob einst durch seine Schuld Waisen um ihr Obdach gekommen wären. – So dauerte es längere Zeit fort; und wem ein Ruheort gegeben war, der kehrte nicht wieder. Viele gaben sich zu erkennen, indem sie förmlich ihren Namen sagten, was namentlich die taten, die seit meiner Amtsführung hier gestorben waren. Andere nannten den Ort, wo sie her wären, oft Hunderte von Stunden entfernt. Selbst aus Amerika wollen etliche gekommen sein. Ich ließ es dahingestellt sein, wie weit ich alles für Wahrheit zu nehmen hätte, und war froh, ihrer nur los zu werden. Ich bemerke nur noch, dass durch obiges keineswegs die Lehre von einem Fegfeuer oder die Lehre von einem Gebet für die Verstorbenen bestätigt wurde. Letzteres ist so gefährlich, dass ich jedermann allen Ernstes davor verwarnen möchte, weil die nachteiligsten Einwirkungen vonseiten der unsichtbaren Welt die Folge davon sein können. - Noch muss ich hier etwas Zusammenfassendes mitteilen, das zwar auffallen wird, aber keineswegs von mir verschwiegen werden kann. Durch obiges wie durch andere spätere Erscheinungen wurde mir erkennbar, dass unsere Zeit an einem Übel leidet, das allmählich, ohne dass jemand mit Ernst darauf geachtet hätte, wie ein heimlich nagender Wurm fast die ganze, auch evangelische, Christenheit durchfressen hat, nämlich, dass ich so sage, die Sünde der Abgötterei, die stufenweise in die Zauberei und vollkommene Schwarzkunst übergeht, von deren schauerlicher Existenz mir nur allzu gewisse Kunde geworden ist. Unter Abgötterei mag jedes Vertrauen auf eine übernatürliche unsichtbare Kraft verstanden sein, auf welche gestützt ein Mensch entweder Gesundheit oder Ehre oder Gewinn oder Genuss sich zu verschaffen bemüht ist, sofern sie nicht eine rein göttliche ist. Aber auch jeder abergläubische Gebrauch von scheinbar frommen Worten, besonders wenn die höchsten Namen dazu gebraucht werden, ist Abgötterei, weil der lebendige Glaube an Gott, sowie die Hoheit und Majestät Gottes, dadurch in eine Karikatur verwandelt wird. Hierher gehört alle und jede Art von Sympathie, deren Wirksamkeit neuestens von Hohen und Niederen immer entschiedener anerkannt, und die daher fast von jedermann, wenigstens in ihren scheinbar unschuldigeren Sphären, unbedingt angewendet wird, ohne dass man überlegt, welchen Abfall von Gott solche gedankenlose Herabwürdigung des Namens und der Kraft Gottes voraussetzt, und welches eigentlich in solchen Fällen die unsichtbar wirkende Kraft ist und allein nur sein kann. Sowohl hierdurch als durch manches andere, das ich übergehe, hängt sich der Mensch mindestens an eine unmittelbare Naturkraft und kehrt seinen Glauben ans Unsichtbare von Gott ab an eine Art Naturgeist, wodurch er in den Augen des eifrigen Gottes, der Seine Ehre keinem andern lässt, wie das Alte Testament redet, nur ein Abgötter wird. Soll eine unmittelbare unsichtbare Kraft helfen, warum will der Mensch nicht durch Gebet an den, der die Kraft selbst ist, sich halten? Noch weniger ist aus dem Gebiet der Abgötterei die sogenannte Transplantation auszuschließen, bei welcher man einen Schmerz oder eine Krankheit durch allerlei Manipulationen mit und ohne Formeln auf Bäume oder Tiere zu übertragen sich bemüht. In die fürchterlichen Folgen aller dieser Abgöttereien lernte ich allmählich einen Blick hineintun. Die nächste Wirkung ist die, dass der Mensch mehr oder weniger an eine finstere satanische Macht gebunden wird, indem irgendein Dämon, durch den Akt der Abgötterei herbeigelockt, Einfluss auf ihn gewinnt. Dieser Einfluss kann physisch sein und namentlich allerlei Nervenleiden, Krämpfe, Gichten und andere Gebrechen zur Folge haben, bei welchen auch die Ärzte wenig Rat wissen, aber auch psychisch, und Melancholie und Schwermut wecken, oder grobe Leidenschaften nähren, wie Wollust, Trunkenheit, Geiz, Neid, Zorn, Rachsucht und dergl., Leidenschaften, die dem Menschen oft zur Last werden, ohne dass er über sie Herr zu werden vermöchte. Was Paulus im Römerbrief von den Folgen der Abgötterei schreibt als einer Verwandlung der Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes in allerlei Torheiten, geht auch bei unserer christlichen Abgötterei buchstäblich in Erfüllung, wenn Christen ihr Vertrauen auf sinnlose Sprüchlein, auf geheime Formeln und Zeichen, auf gewisse Tage und Stunden und auf Zettelchen setzen, die sie um sich hängen oder gar verschlingen, neben andern eigentlichen Greueln, welche hier auseinanderzusetzen zu weit führen würde. Eine weitere Folge ist die Unempfindlichkeit gegen das Wort der Wahrheit, Gleichgültigkeit gegen die Sünde, Stumpfheit des Geistes für höhere Empfindungen und Gedanken, und Sicherheit in Beziehung auf die Ewigkeit; und umgekehrt, dass in der Trübsal kein Trost im Herzen haften will, namentlich die evangelische Freude bei Anklagen des Gewissens nicht festwurzeln kann. Die traurigste Folge für den Menschen, wenn er obige Abgötterei nicht erkannt und bereut hat, kommt nach dem Tode; und das ist es zunächst, was ich mit Schaudern auf allerlei Weise in meinen Kämpfen bis zur Gewissheit erfahren habe. Das Band, mit dem er an die finstere Macht sich gebunden hat, ist noch nicht gelöst, und der Mensch, der eben glaubte, reif für die Freuden des Himmels zu sein, wird als ein Abgefallener vom Feind festgehalten, und je nachdem er sich verstrickt hat, auch wider seinen Willen zur Qual der Lebenden dem Teufel zu dienen gezwungen. Ich enthalte mich, noch weiter darüber zu reden, da es schwierig und gewagt ist, über solche geheimnisvolle Dinge sich mit einiger Bestimmtheit auszusprechen. Unter mancherlei Erfahrungen rückte der 8. Februar 1843 heran. Ich fasse zunächst alle Erscheinungen zusammen, die im Laufe des Jahres 1843 aus dem Gebiete der Zauberei vorgekommen sind. Es zeigte sich, dass unzählig viele Dinge in die G., um das allein anwendbare Wort gleich zu gebrauchen, hineingezaubert waren, die alle den Zweck zu haben schienen, sie aus der Welt zu schaffen. Es fing mit Erbrechen von Sand und kleinen Glasstücken an. Allmählich kamen allerlei Eisenstücke, namentlich alte und verbogene Bretternägel, deren einmal vor meinen Augen nach langem Würgen nacheinander zwölf in das vorgehaltene Waschbecken fielen, ferner Schuhschnallen von verschiedener Größe und Gestalt, oft so groß, dass man es kaum begriff, wie sie den Hals heraufkommen konnten, auch ein besonders großes und breites Eisenstück, bei welchem ihr der Atem ausging, dass sie mehrere Minuten wie tot dalag. Außerdem kamen in unzähligen Mengen Stecknadeln, Nähnadeln und Stücke von Stricknadeln, oft einzeln, da es am schwersten ging, oft auch in Massen, mit Papier und Federn zusammengebunden. Es hatte öfters das Ansehen, als ob Stricknadeln mitten durch den Kopf gezogen wären, von einem Ohr bis zum andern; und es kamen das eine Mal einzelne fingerlange Stücke zum Ohr heraus; ein andermal konnte ich es unter der Handauflegung fühlen und hören, wie die Nadeln im Kopf zerbrachen oder sich drehten und zusammenbogen. Jenes waren stählerne Nadeln, die sodann langsam in kleineren Stücken sich gegen den Schlund hinspielten und zum Munde herauskamen; dieses eiserne, die sich biegen ließen und endlich, drei- bis viermal gebogen, doch ganz, ihren Ausweg gleichfalls durch den Mund fanden. Auch aus der Nase zog ich viele Stecknadeln hervor, die sich von oben herab, da ich sie über dem Nasenbein zuerst querliegend fühlte, allmählich, mit der Spitze abwärts gerichtet, herabspielten. Einmal kamen 15 solcher Nadeln auf einmal mit solcher Heftigkeit zur Nase heraus, dass sie sämtlich in der vorgehaltenen Hand der G. stecken blieben. Ein andermal klagte sie sehr über Kopfschmerz, und als ich die Hand aufgelegt hatte, sah ich überall weiße Punkte vorschimmern. Es waren 12 Stecknadeln, die bis zur Hälfte noch im Kopfe steckten und einzeln von mir herausgezogen wurden, wobei sie jedesmal durch ein Zucken die Schmerzen kund gab. Aus dem Auge zog ich einmal zwei, dann wieder vier Stecknadeln heraus, die lange unter den Augenlidern umherspielten, bis sie ein wenig vorragten, um sachte herausgezogen zu werden. Nähnadeln zog ich ferner in großer Menge aus allen Teilen des oberen und unteren Kiefers hervor. Sie fühlte dabei zuerst unerhörte Zahnschmerzen, und man konnte lange nichts sehen, bis sich endlich die Spitzen anfühlen ließen. Dann rückten sie immer weiter hervor, und wenn ich sie endlich anfassen konnte, brauchte es noch großer Anstrengung, bis sie ganz herauskamen. Zwei alte fingerlange und verbogene Drahtstücke zeigten sich sogar in der Zunge, und es kostete Zeit und Mühe, bis sie völlig herausgenommen waren. Um den ganzen Leib ferner waren unter der Haut zwei lange, vielfach verbogene Drahtstücke eingewunden, und ich brauchte mit meiner Frau wohl eine Stunde dazu, bis sie ganz da waren, und mehr als einmal fiel sie dabei, wie dies überhaupt oft der Fall war, in Ohnmacht. Sonst kamen aus allen Teilen des Oberleibes ganze und halbe Stricknadeln so häufig zu verschiedenen Zeiten, dass ich im ganzen wenigstens zu 30 schätzen darf. Sie kamen teils quer, teils senkrecht heraus, nach letzterer Art namentlich öfters mitten aus der Herzgrube. Wenn die Nadeln oft schon zur Hälfte da waren, hatte ich doch noch eine halbe Stunde mit aller Kraft zu ziehen. Auch andere Dinge, Nadeln verschiedener Art, große Glasstücke, Steinchen, einmal ein langes Eisenstück, kamen aus dem Oberleibe. Ich kann es wahrlich niemand übelnehmen, der misstrauisch gegen obige Mitteilungen wird; denn es geht zu sehr über alles Denken und Begreifen. Aber die fast ein ganzes Jahr hindurch fortgesetzten Beobachtungen und Erfahrungen, bei welchen ich immer mehrere Augenzeugen hatte, worauf ich, schon um üblen Gerüchten vorzubeugen, strenge hielt, lassen mich kühn und frei die Sachen erzählen, indem ich völlig versichert bin, was ich schon vermöge des Charakters der G. sein müsste, dass nicht der geringste Betrug obwaltet noch obwalten konnte. So oft ich sie in jener Zeit besuchte, gerufen oder ungerufen, regte sich wieder etwas; und nach einiger Zeit arbeitete sich ein Zauberstück aus irgendeinem Teile des Leibes hervor. Der Schmerz war jedesmal fürchterlich, und fast immer so, dass sie mehr oder weniger die Besinnung verlor. Ja, in der Regel sagte sie: „Das mache ich nicht durch, das ist mein Tod!“ Alles aber wurde bloß durch das Gebet herausgebracht. Wenn sie zu klagen anfing, dass sie irgendwo Schmerzen fühle, so durfte ich nur die Hand, gewöhnlich dem Kopfe, auflegen; und, durch lange Erfahrung im Glauben geübt, war ich versichert, jedesmal sogleich die Wirkung des Gebets, das ich mit kurzen Worten aussprach, zu erfahren. Sie fühlte auch alsbald, dass die Sache sich bewegte oder drehte und einen Ausweg suchte. Durch die äußere Haut ging es am schwersten, und man fühlte es oft lange, wie sich von innen heraus etwas vordrückte. Blut floss niemals; auch wurde keine Wunde verursacht, und höchstens konnte man noch eine Weile den Ort erkennen, von dem sich etwas herausgearbeitet hatte, sobald alles durch bloßes Gebet vor sich ging. Bisweilen aber schnitt sie sich, vom Schmerze überwältigt, mit einem Messer ohne mein Beisein die Haut auf, und diese Wunden waren fast nicht mehr zu heilen. Der Gegenstände sind es zu viele, als dass ich sie alle aufzählen könnte; und ich erwähne nur noch das, dass auch lebendige Tiere, welche ich jedoch selbst zu sehen nicht Gelegenheit bekam, aus dem Munde kamen, einmal vier der größten Heuschrecken, die sodann noch lebendig auf die Wiese gebracht wurden, wo sie alsbald forthüpften, ein andermal 6-8 Fledermäuse, deren eine totgeschlagen wurde, während die andern sich schnell verkrochen, wieder einmal ein mächtig großer Frosch, der ihr durch eine Freundin aus dem Hals gezogen wurde, und endlich eine geheimnisvolle Schlange, eine Natter, wie es scheint, der gefährlichsten Art, die nur G., sonst niemand, flüchtig sah. (Doch glaubte ich einen rasch hinfahrenden blinkenden Schimmerstreifen vom Munde aus über das Bett hin wahrzunehmen.) Diese Natter verursachte ihr, nachdem sie aus dem Munde gekommen war, bald nachher eine Wunde an dem Hals, ein andermal stach sie sie, während sie mit der Familie zu Tische saß, so heftig in den Fuß, dass das Bluten fast nimmer aufhören wollte. Beide Wunden machten ihr wohl ein Vierteljahr lang Schmerzen, und es war deutlich zu sehen, dass es gefährliche Giftwunden waren.

Christoph Blumhardt  (FORTSETZUNG FOLGT)

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